Von Paul Stepanek
Erster Eindruck: Dem Team um den Regie führenden Intendanten Rainer Mennicken ist ein mehr als respektabler Wurf gelungen. Die an sich schon hochdramatische Handlung rund um das Personendreieck der Sängerin Floria Tosca, des Malers Cavaradossi und des Polizeichefs Scarpia erfährt in ihrer Wirkung durch zahlreiche Regiedetails eine berührende bis erschreckende Intensivierung; das kontrast- und ideenreiche Bühnenbild (Stefan Brandtmayr), die atmosphärisch dichte Ausstattung (Cornelia Kraske) und vor allem die musikalische Leitung durch Dante Anzolini leisten einen bedeutenden Anteil zur suggestiven Ausstrahlung des Bühnengeschehens. Einzige Einschränkung: Der tiefere Sinn der ebenso überraschend wie bühnenwirksam konstruierten Beginn- und Schluss-Szene erschließt sich erst durch Lektüre des Programmhefts.
Die tragische Liebesgeschichte von Tosca und Cavaradossi spielt vor dem Hintergrund einer Episode der an Kriegen und kurzlebigen Staatsgründungen reichen Napoleonischen Ära: Dem Ende der „Römischen Republik“ und einer vom Vatikan unterstützten Gegenbewegung in der ersten Hälfte des Jahres 1800, die wiederum durch den Sieg Napoleons bei Marengo am 14. Juni 1800 beendet wurde. Genau der Verlauf dieses Tages und das rasch wechselnde Kriegsglück beeinflussen aus dem Hintergrund die Tragödie, die letztlich doch in der Persönlichkeit der Protagonisten wurzelt. Allen voran der Geheimdienstchef Scarpia, der als wahrer Dämon gezeichnet ist und sich selbst wie alle anderen ins Verderben stürzt. Dieser scharf konturierte Teufel — als ein Zeichen der das Stück durchziehenden Kirchenkritik küsst er den Ring eines Kardinals in Totenmaske — wird von Tuomas Pursio beängstigend typengerecht gespielt und gesungen. Ihm stehen wenig nach Sonja Gornik als Tosca in glänzender Erscheinung mit fast makellosem stimmlichem Ausdruck und Marcelo Puente als spielfreudiger Cavaradossi, der trotz mancher Anstrengung seine hervorragende Stimmkultur zum Besten gibt. Franz Binder (Mesner), Ulf Bunde (Angelotti), H. G. Müller (Spoletta) und Jakob Reiter (Hirt) agieren tadellos und Rollen deckend. Wie immer verlässliche Stützen des musikalischen und szenischen Geschehens: Chor (Georg Leopold) und Jugendchor (Ursula Wincor) des Landestheaters.
Großer Jubel für alle Mitwirkenden
Besonders hervorzuheben ist auch diesmal die Leistung des Bruckner Orchesters, das von den äußerst exponierten Soli angefangen bis zu den zwischen zartestem Piano und nicht zu kräftigem Forte pendelnden Tutti kompetent und einfühlsam der Partitur und den Ideen Dante Anzolinis folgt. Mit ihm gemeinsam gelingt es, die Musik Puccinis vom Verdacht des Kitschs weg zum kompositorischen Erlebnis zu führen: Leitmotivische Strukturen, wohldosierte dynamische Kontraste, die stimmige Balance zwischen Spannung und (Er)Lösung, und manche Vorboten der musikalischen Revolutionen des 20. Jahrhunderts werden klar verdeutlicht.
Mit Recht ernteten alle Mitwirkenden und das Produktionsteam jubelnden Beifall, der in Standing Ovations mündete.